…in drei Wochen  können wir nicht zaubern…..

 Die Arbeitsgruppe Bewegungstherapie in der DGRW richtete am 16./17. Juni in Erkner die zweite Fachveranstaltung für Mitarbeiter bewegungstherapeutischer Abteilungen stationärer Rehabilitationseinrichtungen aus. Im  Mittelpunkt stand die Frage, wie Bewegungstherapeuten  (weitestgehend inaktive)  Patienten im Rahmen einer stationären Rehabilitation zur nachhaltigen körperlichen Aktivität anleiten können.

120 teilnehmende Sport- und Bewegungstherapeuten, Physiotherapeuten, Ergotherapeuten, Psychologen und Ärzte hörten  nach der Begrüßung durch Frau Dr. Silke Brüggemann (DRV Bund) aktuelle Vorträge zur Bewegungsförderung in der Rehabilitation (Professor  Dr. Gorden Sudeck, Universität Tübingen, der in seinem Beitrag auch auf die Bedeutung der Nationalen Empfehlungen für Bewegung und Bewegungsförderung 2016 verwies). Herr Professor Sudeck unterstrich in seinem Beitrag die steigende Bedeutung der Vermittlung von bewegungsbezogenen Gesundheitskompetenzen für Patienten.

Zudem erhielten die Teilnehmer interessante Informationen zum Projekt „Bewegthe Reha“ (Judith Deprins, Universität Tübingen sowie Dr. Wolfgang Geidl, Universität Erlangen-Nürnberg).

Bewegungsförderung im biopsychosozialen Kontext sowie unter Einbezug der ICF war Gegenstand des Beitrages von Frau Dr. Margarete Ostholt-Corsten (DRV Bund) und Dr. Wolfgang Geidl. Spätestens an dieser Stelle wurde deutlich, dass biopsychosoziale Konzepte, sportpädagogische Kompetenzen (gerade im Hinblick auf Gruppenverfahren) sowie die Bewegungsförderung innerhalb der DRV Bund immer mehr an Stellenwert gewinnt.  Die immense Rolle des Bewegungstherapeuten (die Rolle des „Lehrers“) innerhalb der Rehabilitation belegte eindrucksvoll der Beitrag von Professor Dr. Gerhard Huber zum Thema Lernen und Lehren in der Bewegungsförderung.

Frau Dr. Susanne Dibbelt (Institut für Rehaforschung Norderney, Klinik Münsterland) bereitete mit deren Vortrag zum Umgang mit Schmerz in der Bewegungsförderung  die interdisziplinären  Workshopangebote der Fachtagung inhaltlich weiter vor: die Reflexion der Kompetenzen der  Therapeuten.

Die Ergebnisse der dreistündigen Workshops mündeten zum Abschluss in einer von Dr. Martin Steinau (Rehaklinik salvea Schwertbad Aachen) souverän geleiteten Podiumsdiskussion.
Die  Vorträge und Workshop-Ergebnisse belegten eindeutig, dass pädagogisch qualifizierten Bewegungsfachkräften  eine Schlüsselposition bei der  Formulierung von Rehabilitationszielen innerhalb des Reha-Teams  zukommt. Die pädagogische Eignung, biopsychosoziale Lernziele zu formulieren und zu erreichen (hier: motorische, kognitive, sozial-affektive Lernziele)  ist kongruent zur Aufgabe der Vermittlung von bewegungsbezogenen Gesundheitskompetenzen für Patienten (hier: Bewegungskompetenz, Steuerungskompetenz, Selbstregulationskompetenz). 

Die Einordnung von Fallbeispielen  in die Klassifikation der ICF (hier: Körperstrukturen, Körperfunktionen, Aktivität und Teilhabe unter Berücksichtigung umweltbezogener und personbezogener Kontextfaktoren)  und die daraus resultierende didaktisch-methodische Formulierung von Rehabilitationszielen und Rehabilitationsschritten wurde innerhalb der Workshops mit viel Engagement bearbeitet.  Dabei verbanden die Teilnehmer die Aufgabe der Reflexion der bewegungsbezogenen Gesundheitskompetenzen für Patienten mit der Reflexion des Therapeutenverhaltens  - als Förderfaktor oder Barriere zur Erreichung des Rehabilitationszieles.

So wurde im Podium nicht nur die Schlüsselrolle der Bewegungstherapeuten bei der Konzeption und Implementierung bewegungsbezogener Gesundheitskompetenzen bei Planung der Reha-Ziele ersichtlich, sondern auch die Kompetenz des Therapeuten als verhaltensändernde Variable innerhalb des Reha-Prozesses.
Im Podium wurden wichtige Erkenntnisse der  sehr gelungenen Fachtagung zusammengefasst unter dem Motto ..in drei Wochen können wir nicht zaubern“:

  • Die Lehrerrolle ist immens wichtig.
  • Der Therapeut muss in der Reha zum „Kümmerer“ werden.
  • Patienten brauchen keine „erhobenen Zeigefinger“ der Therapeuten.
  • Die Therapie ist für den Patienten da- nicht für den Therapeuten.
  • Patienten brauchen therapeutisches Feedback zur Selbstwirksamkeit.
  • Therapeuten brauchen einen „bewegungstherapeutischen“ Werkzeugkasten.
  • KTL und RTS müssen mehr Aspekte der Anwenderorientierung berücksichtigen.
  • Therapeuten brauchen pädagogische Qualifikationen (verhaltensbezogene Bewegungstherapie).
  • Biopsychosoziale Lernziele und Gesundheitskompetenzen sind keine „Schubladen“ (Bewegung, Wissensvermittlung und motivational-volitionale Aspekte gehen fließend miteinander her).
  • Zur Nachhaltigkeit braucht der Patient Transferhilfen für den Alltag.
  • In der Reha muss  der Patient wie auch der Therapeut  mehr  wertgeschätzt werden (auch in der tariflichen Vergütung).