Am 03. März 2016 fand an der Deutschen Sporthochschule Köln (DSHS Köln) die Fachtagung zur Bewegungstherapie in der medizinischen Rehabilitation statt. Sie wurde von der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Rehabilitation e.V. (DEGEMED) in Kooperation mit dem Deutschen Verband für Gesundheitssport und Sporttherapie e.V. (DVGS) ausgerichtet. Die Veranstalter boten den Tagungsteilnehmern ein interessantes Programm.

Die Informationsbreite war groß: Von Stellungnahmen seitens der Deutschen Rentenversicherung Bund (DRV) als Kostenträger, über dezidierte Einblicke in rehabilitationswissenschaftliche Forschungsarbeiten, bis hin zur Relativierung der wissenschaftlichen Empfehlungen unter Berücksichtigung der gegebenen strukturellen Bedingungen in der Praxis.

Herrn Christof Lawall, der Geschäftsführer der DEGEMED, moderierte die Veranstaltung. Nach seiner Begrüßung folgte der Eröffnungsvortrag von Frau Dr. Silke Brüggemann, die Frau Dr. Ina Ueberschär von der DRV vertrat. Frau Brüggemann gab zunächst einen Einblick in die verschiedenen Einsatzgebiete des „Medikamentes Sport“. Dann zeigte sie gezielt auf, wie durch körperliche Aktivität die pharmakologische Medikation in der Akuttherapie reduziert werden kann und welche enorme Bedeutung körperlicher Aktivität in der Primärprävention zukommt. Der zweite Vortrag, ebenfalls von Dr. Silke Brüggemann, behandelte die Rolle der Bewegungstherapie aus Sicht der DRV unter den Gesichtspunkten der neuen „Klassifikation Therapeutischer Leistungen“ und der ebenfalls neu überarbeiteten „Reha Therapiestandards“.
Nach diesem Einblick in die Ansprüche der Kostenträger, folgte der Beitrag von Prof. Dr. Gorden Sudeck, Institut für Sportwissenschaft der Eberhard Karls Universität Tübingen. Er stellte ein Assessmentinstrument zur Diagnose von bewegungsbezogenen Gesundheitskompetenzen vor, mit dessen Hilfe eine individualisierte Betreuung des Patienten ermöglicht werden soll. Ziel ist hierbei die nachhaltige Bindung an körperliche Aktivität. Das gleiche Anliegen verfolgt auch Dr. Wolfgang Geidl vom Institut für Sportwissenschaft und Sport der Friedrich-Alexander Universität Erlangen-Nürnberg. Herr Dr. Geidl stellte verschiedene einfach umzusetzende sozial-kognitive Techniken vor, mit Hilfe derer im Sinne einer verhaltensbezogenen Bewegungstherapie wesentlich größere Erfolgschancen zu erwarten sind als mit anderen Rehabilitationsmaßnahmen. Letztere hätten sich hinsichtlich einer dauerhaften Bindung an körperliche Aktivität als wenig effizient erwiesen.

Theorie und Praxis klaffen ja bekanntlich nicht selten auseinander. Deshalb ging Dr. Martin Steinau (Rehaklinik Schwertbad, Aachen & DVGS) in einem kritischen Vortrag der Frage nach, inwieweit die an dem Tag diskutierten strukturellen wie inhaltlichen Merkmale auch in der Praxis umgesetzt werden können. Im Zentrum stand hierbei vor allem die Prämisse, dass Qualität der Bewegungstherapie nicht mit deren Quantität gleichzusetzen ist, und die aktuellen Rahmenbedingungen einer qualitativ guten Bewegungstherapie bisher wenig förderlich sind. Einen ausführlichen Einblick in die gesellschafts-, gesundheits- und bildungspolitische Stellung der Bewegungstherapie bot die Geschäftsführerin des DVGS, Frau Angelika Baldus. Sie hob die Intransparenz der bewegungstherapeutischen und -wissenschaftlichen Landschaft sowie deren Abschlüsse hervor.
Daraufhin folgten zwei indikationsspezifische Vorträge von Prof. Dr. Birna Bjarnason-Wehrens (DSHS Köln) und PD Dr. Freerk Baumann (DSHS Köln) zur Evidenzlage und der Trainingssteuerung von Bewegungstherapie in der kardiologischen Rehabilitation sowie im onkologischen Setting. Zum Abschluss der Tagung betonte Prof. Dr. Dr. Christine Graf (DSHS Köln) die enorme Relevanz der Arzt-Patienten- und Therapeuten-Patienten-Beziehung sowie die Kontextfaktoren des Patienten für die angestrebte Verhaltensänderung.

Die Referenten boten dem gefüllten Hörsaal der DSHS Köln ein sehr differenziertes und gehaltvolles Programm. Deutlich wurde die bedeutende Rolle der Sport- und Bewegungstherapie in der medizinischen Rehabilitation. Es wurde aber auch gezeigt, wie schwierig es ist, die entsprechenden Erkenntnisse und Maßnahmen für den Patienten optimal und individuell innerhalb der gegebenen Strukturen zu nutzen und umzusetzen.