Inhalt

B&G, 03/2015B&G, 03/2015

147. Editorial

 Wissenschaft

150 Gewinnung von körperlich inaktiven und sozial benachteiligten Personen (60+) für die Teilnahme an einem evidenzbasierten
Bewegungsprogramm zur Prävention von Demenz, A. Streber, A. Wolff, A. Rütten
156 Körperliche Aktivität im Pflegealltag – Pflegende Angehörige von Menschen mit Demenz im Fokus, H. Voß
161 Befindlichkeitsverbesserung durch sportliche Aktivität, S. Wagner, G. Wydra
168 Rehabilitationssport für Menschen mit Demenz, G. Schick

 

 

Recht

174 Sektorale Heilpraktikererlaubnis für Ergotherapeuten
M. Beden

Forum

176 Sportwissenschaft
177 Veranstaltungskalender
178 Kongressberichte
179 Buchbesprechung
180 Referate
183 Forum der Industrie

186. DVGS– News

Editorial

Hubertus DeimelHubertus Deimel

Liebe Leserinnen und Leser,

mit diesem Heft möchten wir den Blick auf chronische Erkrankungen – speziell am Beispiel von Demenzen und psychischen Erkrankungen – lenken. Epidemiologische Untersuchungen zur Thematik weisen aus, dass heute ca. 20 % der Bevölkerung als chronisch krank gelten, was sich u. a. durch die Verschiebung der Altersstruktur sowie der steigenden Lebenserwartung erklären lässt. Es ist zukünftig von einer weiteren Zunahme auszugehen. Menschen mit chronische Erkrankungen im Allgemeinen und Demenzen im Besonderen werden in beträchtlichem Umfang im häuslichen Umfeld durch Angehörige versorgt. Ohne diese Arbeit und dieses Engagement wäre das Gesundheitssystem mit den daraus resultierenden Anforderungen und Belastungen überfordert. Nicht zu Unrecht wird dieser Personenkreis auch als „größter ambulanter Pflegedienst“ bezeichnet, der maßgeblich zur Sicherung der Pflege und Versorgung, aber auch zum Erhalt von Lebensqualität für die betroffenen Personen beiträgt.

Die Belastungsfolgen, die daraus für die pflegenden Angehörigen resultieren, sind immens und werden von ihnen lange Zeit ignoriert, so dass die Gefahr besteht, darüber selbst zu erkranken. Dies lässt sich gut am Beispiel der Betreuung und Versorgung eines demenzerkrankten Familienmitgliedes verdeutlichen. So belegt eine Reihe von Studien, dass die körperlichen und psychosozialen Belastungen von pflegenden Angehörigen hierbei insgesamt als hoch intensiv bewertet wird, mit starkem Stresserleben verbunden ist und langfristig mit erheblichen Auswirkungen auf den allgemeinen Gesundheitsstatus zu rechnen ist. Dies spiegelt sich u. a. in
zahlreichen körperlichen Beeinträchtigungen oder Erkrankungen (Rückenbeschwerden und Bewegungsapparat, Herz-Kreislauf-Störungen, Bewegungsmangel) wider. Im psychosozialen Bereich liegen nachgewiesenermaßen u. a. Symptom- und Stressbelastungen in folgenden Bereichen vor:

  • Schlafstörungen
  • Stimmungsschwankungen
  • Angst und Depressionen
  • Hilf- und Perspektivlosigkeit
  • Gedächtnis- und Konzentrationsstörungen
  • Sozialer Rückzug und Isolation/Stigmatisierung von Familien mit Demenzerkrankten
  • Überforderung im Umgang mit abwehrenden/aggressiven Erkrankten
  • Rollendiskrepanzen (zwischen Eltern und pflegenden Kindern).

Insofern gilt es notwendigerweise, nicht nur die Menschen mit Demenzerkrankungen für eine bewegungs- und sporttherapeutische Betreuung im Blick zu haben, sondern auch die pflegenden Angehörigen. Hierbei sind verschiedene Ansätze und Konzepte vorstellbar. So existieren schon Gruppen oder Vereinsangebote, in denen die demenzerkrankten Menschen zusammen mit ihren Angehörigen aktiv sind. Ebenso wichtig scheint es mir jedoch, auch dafür zu sorgen, dass die pflegenden Angehörigen eine regelmäßige Auszeit von ihrer Betreuung bekommen, um über Zeit für sich und ihre individuellen Belange zu verfügen. In diesem Zeitraum sollten die betroffenen demenzerkrankten Personen professionell betreut werden. Und schließlich macht es Sinn, den Angehörigen auch psychoedukative Angebote zur Verfügung zu stellen, damit sie lernen, die gegebenen Belastungen besser bewältigen zu können, aber auch erfahren, wann professionelle Hilfen in Anspruch genommen werden müssen. Bewegungsangebote zur Stress und Emotionsregulation sowie zur Verbesserung der Selbstfürsorge bieten sich hier als Bestandteil solcher Konzepte an. In der Arbeitsgruppe, in der ich diesbezüglich tätig bin, bieten wir vor dem psychoedukativen Teil jeweils eine Stunde Tai Chi an, was von den Teilnehmern mit großem Erfolg angenommen wird und eine günstige Vorbereitung für die zu besprechenden Themen darstellt. Die Effekte der unterschiedlichen Betreuungswege sind zukünftig genauer zu untersuchen.

Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, wünsche ich eine schöne Urlaubszeit mit angenehmen Temperaturen, die zu vielfältigen Bewegungs- und Sportaktivitäten verlocken und zur Erholung beitragen.

Ihr Hubertus Deimel