Wovon hängt es ab ob jemand Krafttraining macht, oder nicht?

Die Menschen bewegen sich zu wenig. Das ist ebenso alarmierend, wie wohl bekannt. 4 von 5 Erwachsenen in Deutschland sind weniger als 2,5 Stunden in der Woche körperlich aktiv [1]. Aktuelle Bewegungsempfehlungen sind freilich spezifischer und empfehlen z. B. auch 2 mal Krafttraining in der Woche [2]. Wieviel Deutsche dieser Empfehlung nachkommen ist unklar. Zwar ist Deutschland einer Studie der Unternehmensberatung Deloitte zufolge der größte Fitnessmarkt Europas [3], aber genaue Zahlen für Teilnahme und Umfang des in der Bevölkerung durchgeführten Krafttrainings existieren hier nicht. In anderen westlichen Ländern haben diejenigen, die überhaupt Krafttraining machen, an der Bevölkerung einen Anteil zwischen 10 und 30% (zusammenfassend [4]). Die konkreten Empfehlungen erfüllen womöglich weniger Leute. In einer Studie von Loustalot et al. [5] aus den USA waren es nur 6% der Befragten, die den Krafttrainingsempfehlungen nachkamen.

Wovon hängt es ab ob jemand Krafttraining macht, oder nicht?

Eine aktuelle Übersichtsarbeit [4], veröffentlicht im British Journal of Sports Medicine, ist der Frage nachgegangen, welche Faktoren mit der Krafttrainingsteilnahme zusammenhängen. Dafür wurden 51 Studien ausgewertet.
Das erste Ergebnis ist wenig überraschend. Es deutet sich an, dass gebildete und gesunde Menschen  eher Krafttraining betreiben als weniger gebildete und weniger gesunde Menschen. Es bestand gemischte Evidenz bzgl. des Zusammenhangs der Krafttrainingsteilnahme mit dem Alter und dem Gesamtausmaß körperlicher Aktivität. Eine eingeschränkte Evidenz gab es zum Zusammenhang mit Geschlecht, Bevölkerungsgruppe („Rasse“) und beruflichem Status. Beim Thema „Alter“ liegt das Ergebnis evtl. daran, wie Studien gemacht sind. Größere Studien zeigen, dass Jüngere mehr Krafttraining machen als Ältere (zusammenfassend [4]).

Selbstwirksamkeit, affektive Beurteilungen, Intention, subjektive Norm, die Leitung des Programms und selbstregulative Verhaltensweisen hingen alle mit der Durchführung von Krafttraining zusammen. Die Autoren schließen, dass Kräftigungsprogramme dafür sorgen sollten, dass TeilnehmerInnen das nötige Vertrauen fassen, Krafttraining selbst durchführen zu können. Dafür schlagen sie ein Assessment der individuellen Fähigkeiten vor und eine darauffolgende Unterstützung beim Erwerb der nötigen Fähigkeiten [4]. Was die Leitung des Programms angeht, so rücken Bewegungsfachleute und deren Aus- Fort- und Weiterbildung in den Fokus. Die größten Effektstärken des Reviews zeigten aber selbstregulative Verhaltensweisen (wie z. B. das Führen eins Bewegungstagebuchs). Sie hingen eng mit der Durchführung von Krafttraining zusammen.

Was kann Gesundheitsfachleuten geraten werden?

Die Forscher wenden sich noch an Ärzte, die die Teilnahme an Krafttraining unterstützen möchten und haben vier Ratschläge parat (wörtlich übersetzt gemäß [4]):

  1. Die sehr niedrige Prävalenz der Krafttrainingsteilnahme in der Gesamtbevölkerung lässt darauf schließen, dass die wenigsten Leute dieser Aktivität bereits nachgehen. Es könnte besonders wichtig sein, sich bei der Förderung von Krafttraining auf die zu konzentrieren, die ein geringes formales Bildungsniveau haben, und auf die mit eingeschränkter Gesundheit.
  2. Die Unterstützung von Personen, mit Krafttraining zu beginnen, könnte den Verweis auf ein entsprechendes Programm nötig machen, dessen Leitung darauf ausgerichtet ist, die Erfahrung angenehm bzw.erfreuliche zu machen und eine Selbstwirksamkeit gegenüber Krafttraining aufzubauen. Programme, die Instruktionen beinhalten, wie Kräftigungsübungen durchzuführen sind und die sichere Übung ermöglichen, sind empfehlenswert.
  3. Das Bemühen um die Ermutigung durch wichtige Familienmitglieder und Freunde könnte die Wahrscheinlichkeit einer Krafttrainingsteilnahme steigern durch das Erzeugen von starker normativer Unterstützung.
  4. Selbstregulative Verhaltensweisen wie Planung oder Selbstbeobachtung sind wichtig für Personen um mit der Durchführung von Krafttraining zu starten.

Zu den Ratschlägen könnte man einiges anmerken. Hier nur soviel: Zu 1.: Warum nicht allen Personen/Patienten/Rehabilitanden Krafttraining empfehlen (und Bewegung generell)? Muss man erst warten, bis die Gesundheit eingeschränkt ist...? Zu 2.: Es sei zu hoffen, dass die meisten Ärztinnen und Ärzte schon wissen, dass angeleitete Programme empfehlenswert sind, in denen es Inhaltspunkt ist „wie Kräftigungsübungen durchzuführen sind“. Generell: Die Ratschläge wirken hier teilweise etwas oberflächlich und richten sich an Ärztinnen und Ärzte. Natürlich ist es an allen Gesundheitsprofessionen, vorneweg den Bewegungsfachleuten, Krafttraining zu empfehlen, einzusetzen, und selbst als gutes Vorbild vorweg zu gehen.

Für Rückmeldungen, Kritik, Lob, Anregungen zum Text und neuen Themen und alles Weitere: stefan.peters@dvgs.de

Literatur:
[1] Krug et al. (2013). Körperliche Aktivität. Ergebnisse der Studie zur Gesundheit Erwachsener in Deutschland (DEGS1). Bundesgesundheitsbl, 56:765-771.
[2] Rütten A, Pfeifer K (2016). Nationale Empfehlungen für Bewegung und Bewegungsförderung. FAU-Erlangen-Nürnberg: Erlangen. Online verfügbar unter www.bewegungsempfehlungen.de
[3] Deloitte (2016). Deutsche Fitnessbranche weiter auf Überholspur. Online abgerufen am 20.5.2017 unter https://www2.deloitte.com/de/de/pages/presse/contents/studie-2016-der-deutsche-fitnessmarkt-2016.html
[4] Rhodes RE et al. (2017). Factors associated with participation in resistance training: a systematic review. British Journal of Sports Medicine, 0:1–9. doi:10.1136/bjsports-2016-096950
[5] Loustalot F et al. (2013). Muscle-strengthening activities and participation among adults in the United States. Res Q Exerc Sport, 84:30-8.

Gelesen 14085 mal Letzte Änderung am Freitag, 01 Februar 2019 11:02

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