Bewegungsbezogene Versorgungsbereiche im Gesundheitswesen

Absolvent*innen einer akademischen oder nichtakademischen Ausbildung in einem Bewegungsfach kennen häufig nicht die bewegungsbezogenen Tätigkeitfelder im deutschen Gesundheitswesen. Daher fällt ihnen eine Einordnung der zu wählenden oder bereits absolvierten Ausbildungsabschlüsse am Arbeitsmarkt schwer. Damit verbunden ist die Frage, welche Ausbildungen in Verbindung mit weiteren (oder in der Ausbildung bereits befindlichen) Fort- und Weiterbildungen für die Tätigkeit in einer versorgungsbezogenen Einrichtung des Gesundheitswesens (noch) erforderlich sind. Das kann sich auf einen Wunsch beziehen, in einer bestimmten Einrichtung arbeiten zu wollen (etwa ambulantes Rehabilitationszentrum, stationäre Rehabilitationsklinik, Gesundheitszentrum oder Verein). Es kann aber auch (etwa bei längerer Berufstätigkeit) mit der Vorstellung einer höheren tariflichen Eingruppierung verbunden sein.

Darüber hinaus kennen manchmal Einrichtungsbetreiber nicht das Spektrum der gesamten bewegungsbezogenen Gesundheitsversorgung, um deren Einrichtung durch weitere Versorgungsangebote auslasten zu können (z. B. Präventionskurse für ambulante med. Rehazentren, Durchführung des Rehabilitationssports in einer stationären Rehaklinik, Durchführung ergänzender Leistungen in Vereinen oder Gesundheitszentren).

Drittens fragen auch häufig Leistungsbringer und/oder Leistungsträger die Geschäftsstelle des DVGS an, um die „Anbieterqualifikationen“ von Stellenbewerbern einordnen zu können. So fragen z.B. länderspezifische Rentenversicherungsträger oder Vertreter der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung im DVGS an, ob ein/e Bewerber im Aus-, Fort- und Weiterbildungsstatus eine entsprechende bewegungsbezogene rehabilitative Eignung nachweist und angestellt werden kann.

Aus diesem Grund bieten wir an dieser Stelle eine Übersicht der derzeitigen leistungsträgerspezifischen Vereinbarungen und Abrechnungsfähigkeiten zur Sport-/Bewegungstherapie DVGS.

Tab. 1 Versorgungsbereiche Sport-/Bewegungstherapie (Excel).

Tabelle

Tab. 1 Versorgungsbereiche Sport-/Bewegungstherapie.

Versorgungsbereich

Vereinbarung

Anbieterqualifikation DVGS

Akutversorgung

DRG (Diagnosis Related Groups)/OPS Kap. 9) ->bspw. Vereinbarungen des Medizinischen Dienstes Hessen zu Morbus Parkinson

Indikationsspezifisches Weiterbildungszertifikat Sport-/Bewegungstherapie DVGS

Stationäre Rehabilitation

Berufsgenossenschaftliche Stationäre Weiterbehandlung (BGSW) der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) 01.07.2016

Wissenschaftliche akademische Ausbildung mind. 4-jährig (Diplom, Magister, Lehramt, Master) sowie medizinisch-rehabilitative Ausrichtung der Ausbildung oder therapeutische Zusatzqualifikation der Stufen II, III, IV des DVGS (Indikationsspezifisches Weiterbildungszertifikat Sport-/Bewegungstherapie DVGS)

Klassifikation Therapeutischer Leistungen (KTL) in der medizinischen Rehabilitation der Deutschen Rentenversicherung Bund (DRV Bund) 2015

Wissenschaftliche akademische sowie nichtakademische Ausbildung mind. 3-jährig (Bachelor, Gymnastiklehrer) mit therapeutischer Zusatzqualifikation des Berufsfachverbandes (DVGS)

Kapitel A Sport- und Bewegungstherapie

 

Gemeinsame Rahmenempfehlung für ambulante und stationäre Vorsorge- und Rehabilitationsleistungen auf Grundlage des § 111a SGB V 12.05.1999 in Verbindung mit § 111c SGB V Versorgungsverträge mit Rehabilitationseinrichtungen 27.03.2020

Kapitel Physio-, Bewegungs- und Sporttherapie

Indikationsspezifisches Weiterbildungszertifikat Sport-/Bewegungstherapie DVGS

Ambulante medizinische Rehabilitation

Indikationsspezifische BAR-Rahmenempfehlungen zur ambulanten medizinischen Rehabilitation 01.03.2016 (Diese liegen vor für die onkologische, muskuloskelettale, neurologische, dermatologische und kardiologische Rehabilitation sowie die Rehabilitation psychisch Kranker und Behinderter)

Diplomsportlehrer/Diplomsportwissenschaftler, Bachelor of Science und Master of Science mit indikationsspezifischer bewegungstherapeutischer Ausrichtung

Indikationsspezifisches Weiterbildungszertifikat Sport-/Bewegungstherapie DVGS

Erweiterte Ambulante Physiotherapie (EAP) 01.07.2014

Wissenschaftliche Ausbildung zum Sportlehrer mit Abschluss Diplom, Master oder Magister sowie medizinisch-rehabilitative Ausrichtung der Ausbildung oder Abschluss des DVGS-Lehrgangs „EAP Orthopädie/Sporttherapie“ (Nachweis der Absolvierung der Stufen II, III und IV)

Kapitel Sportlehrer

Abgeschlossene Weiterbildung in der Medizinischen Trainingstherapie mit mind. 100 Stunden (soweit nicht bereits im Rahmen des DVGS-Lehrgangs vermittelt)

Gemeinsame Rahmenempfehlung für ambulante und stationäre Vorsorge- und Rehabilitationsleistungen auf Grundlage des § 111a SGB V 12.05.1999 in Verbindung mit § 111c SGB V Versorgungsverträge mit Rehabilitationseinrichtungen 27.03.2020

Kapitel Physio-, Bewegungs- und Sporttherapie

Indikationsspezifisches Weiterbildungszertifikat Sport-/Bewegungstherapie DVGS

Nachsorgeleistungen

BAR-Rahmenvereinbarung zur Durchführung des Rehabilitationssportes und des Funktionstrainings gemäß § 64 SGB IX 01.01.2022

Indikationsspezifisches Weiterbildungszertifikat Sport-/Bewegungstherapie DVGS sowie Fortbildungslizenzen Sport-/Bewegungstherapie DVGS

Rahmenkonzept zur Nachsorge für medizinische Rehabilitation nach § 15 SGB VI in der Fassung vom 01.07.2019

Kapitel IRENA, T-RENA

Indikationsspezifisches Weiterbildungszertifikat Sport-/Bewegungstherapie DVGS mit Qualifikationsnachweis zur Medizinischen Trainingstherapie

Integrierte Versorgung gemäß §140b SGB V

Onkologische Trainingstherapie (OTT)

Weiterbildungszertifikat Sport-/Bewegungstherapie DVGS in der Onkologie und Physiotherapie mit therapeutischer Zusatzqualifikation OTT

Ergänzende Leistungen

Rahmenempfehlung der Ersatzkassen und ihrer Verbände zur Förderung ergänzender Leistungen zur Rehabilitation nach § 43 Abs. 1 Nr. 2 SGB V – Rahmenempfehlung Patientenschulung 25.11.2004

Indikationsspezifische Fortbildungslizenzen DVGS

Prävention

Gemäß dem aktuellen Leitfaden Prävention § 20 SGB V (§ 20b SGB V)

Nachweis der im aktuellen Leitfaden Prävention aufgeführten Mindeststandards der Ausbildungen für das Präventionsprinzip 1 und 2

Indikationsspezifische Fortbildungslizenzen DVGS mit Einweisung in die von der Zentralen Prüfstelle Prävention zertifizierten/ZPP-zertifizierten Verbandskonzepte DVGS

DRV nach §14, SGB VI

 

Pflege

Leitfaden Prävention in stationären Pflegeeinrichtungen nach § 5 SGB XI in der Fassung vom 27.09.2021

Staatl. anerkannter bewegungsbezogener Beruf- od. Studienabschluss mit Nachweis der leitfadengemäßen Mindeststandards und Einweisung in das durchzuführende Programm (ZPP-zertifizierte Verbandskonzepte DVGS)

Kapitel 5.4.1 Handlungsfeld Bewegungsgewohnheiten

 

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Die Tätigkeitsfelder für Sport-/BewegungstherapeutInnen sind sehr vielfältig und umfassen die Hauptbereiche:

  • Prävention
  • ambulante Rehabilitation
  • stationäre Rehabilitation
  • integrierte Versorgung
  • Rehabilitationssport
  • Pflege

Tätigkeitsfelder in der Gesundheitsversorgung:

EinsatzfelderEinsatzfelder

                                                  Prävention → Rehabilitation

Quellenangabe: © Rawpixel.com – shutterstock.comQuellenangabe: © Rawpixel.com – shutterstock.comBewegungsmangel zählt weltweit zu den zentralen Problemen für die Gesundheit der Bevölkerung und gilt als einer der führenden Risikofaktoren für Todesfälle und die Entstehung nichtübertragbarer Krankheiten (WHO). Inzwischen ist die Evidenz für die positiven Wirkungen von körperlicher Aktivität in der Prävention und Rehabilitation vieler Erkrankungen vielfach belegt worden, und die Kenntnisse rücken zunehmend ins Bewusstsein der verantwortlichen Akteure im Gesundheitswesen. Auch Deutschland beginnt zu reagieren und so wurden z.B. mit Fördermitteln des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) die Nationalen Empfehlungen für Bewegung und Bewegungsförderung (NEBB) erstellt. Diese Entwicklung ist längst überfällig, weil Deutschland weltweit zu den Ländern mit dem höchsten Anteil an Bewegungsmangel gehört, mit steigender Tendenz zur Inaktivität. Es ist also höchste Zeit, verbesserte Rahmenbedingungen für eine effektive Bewegungsförderung zu entwickeln.

Gesellschaftliche und gesundheitspolitische Rahmenbedingungen im Wandel

Die gesellschaftlichen und gesundheitspolitischen Voraussetzungen für Berufe im Gesundheitssektor haben sich stark verändert, was neue Herausforderungen und Anforderungen mit sich bringt. Die sich verändernden gesellschaftlichen Rahmenbedingungen liegen im Einzelnen in:

  • der demografischen Entwicklung
  • dem Panoramawandel der Krankheitsbilder
  • der Erhöhung des Grades an Multimorbidität
  • durch Zunahme bewegungsarmen Lebensstils
  • der zunehmenden Anerkennung biopsychosozialer Ansätze im Gesundheitswesen (ICF)
  • der Ökonomisierung des Gesundheitswesens: Kostendämpfungder Qualitätssicherung

Durch den demografischen Wandel, das Ansteigen der chronischen Erkrankungen und die Zunahme von Multimorbidität geht es um eine Neuaufteilung der Aufgaben und Kompetenzen im Gesundheitswesen. Klar scheint, dass diese gesellschaftspolitischen Faktoren komplexere Anforderungen an die medizinische Versorgung stellen und sich die Medizinfachberufe den veränderten Qualifikationsanforderungen anpassen müssen. Das gilt auch für die Sport-/Bewegungstherapie.

Gesundheitspolitisch haben die gesellschaftlichen Veränderungen eine Vielzahl von Entwicklungen nach sich gezogen:

  • Bezahlung nach Fallpauschalen ( Diagnosis Related Groups, DRGs)
  • Bevorzugte Behandlung chronisch Erkrankter (Disease Management Programme, DMPs)
  • Betriebswirtschaftliche Auslastung der Einrichtungen im Gesundheitswesen:
  • Stationäre Einrichtungen bieten auch ambulante Abteilungen.
  • Ambulante Einrichtungen öffnen sich für Selbstzahler (Fitnessklientel)
  • Gesundheitszentren drängen in die Rehabilitation
  • Krankengymnastische Praxen bieten zunehmend Prävention
  • Akutkrankenhäuser bieten stationäre und ambulante Heilbehandlung sowie Gesundheitsförderung an
  • es verschiebt sich die Trennschärfe zwischen Rehabilitation und Prävention
  • es entsteht ein hoher Bedarf an mehrfachqualifizierten Bewegungsfachkräften.

Was bedeutet das für die Sport- und Bewegungstherapie?

Die Anforderungen an die moderne Sport-/Bewegungstherapie aber auch den Gesundheitssport sind stark angestiegen. Weg von passiven therapeutischen Verfahren müssen Sporttherapeuten heute ihre Patienten zur regelmäßigen, selbstgesteuerten Bewegung aktivieren und hin zu einer umfassenden Verhaltensänderung führen. Auch die Kostenträger sehen zunehmend die Bedeutung von Bewegung und Sport und erkennen die Bedeutung der Kopplung dieser Interventionen mit verhaltensorientierten Aspekten, aber auch die besondere Wirtschaftlichkeit der Sport-/Bewegungstherapie zunehmend an. Zudem wird gesundheitswissenschaftlich die epidemiologische Begründung und Evidenzbasierung der Sport-/Bewegungstherapie immer deutlicher.

 

Sporttherapie udn Bewegungstherapie. Quellenangabe: © wavebreakmedia  – shutterstock.com. Sporttherapie udn Bewegungstherapie. Quellenangabe: © wavebreakmedia – shutterstock.com.

Sporttherapie und Bewegungstherapie ist die ärztlich indizierte und verordnete Bewegung mit verhaltensorientierten Komponenten. Sie wird mit dem Patienten alleine oder in der Gruppe durchgeführt. Therapeuten planen und dosieren die Bewegungstherapie und kontrollieren sie gemeinsam mit dem Arzt. Das Ziel ist mit geeigneten Mitteln des Sportes, der Bewegung und der Verhaltensorientierung gestörte physische, psychische und psychosoziale Beeinträchtigungen zu rehabilitieren bzw. Schädigungen und Risikofaktoren vorzubeugen. Die gültige Definition der Sport- und Bewegungstherapie finden Sie hier.

  • Sport-/Bewegungstherapie beruht dabei auf medizinischen, trainings- und bewegungswissenschaftlichen und insbesondere pädagogisch-psychologischen sowie soziotherapeutischen Elementen. Dabei dienen die trainingswissenschaftlichen Aspekte besonders der Auswahl und Dosierung der körperlichen Aktivität zur Erhaltung, Förderung und Wiederherstellung.
  • Sport-/Bewegungstherapie folgt der ICF, ist epidemiologisch begründet sowie evidenzbasiert.
  • Sport-/Bewegungstherapie intendiert die Erlangung der Handlungs- und Sozialkompetenz des Menschen und strebt Verhaltensstabilisation oder Verhaltensänderung mit dem Ziel einer besseren Lebensqualität und Ökonomisierung im Gesundheitswesen an.
  • Sport-/Bewegungstherapie geht von einer interdisziplinären Zusammenarbeit mit bestehenden ärztlichen und nichtärztlichen Berufsgruppen im sogenannten „therapeutischen Team“ aus.
  • sport-/bewegungstherapeutisches Handeln erfolgt auf drei Ebenen:
    • Konzeption: als Planungsphase der therapeutischen Intervention
    • Realisation: als deren Umsatzphase
    • Evaluation: als Bewertungsphase der therapeutischen Intervention

Ziele der Sporttherapie und der Bewegungstherapie

Kurz gesagt: Sporttherapie und Bewegungstherapie verfolgt die Zielsetzungen der Vermittlung von Gesundheitskompetenzen im physischen, psychischen und sozialen Bereich mit Hilfe von biopsychosozialen Interventionen entsprechend der Lernzieltaxonomie: Vermittlung motorischer, kognitiver und sozial-affektiver Lernziele. Sie führt zur Verbesserung der Handlungs- und Sozialkompetenz.

Ziele der SporttherapieZiele der Sporttherapie

Zielbereiche der Sport- und Bewegungstherapie

Es lassen sich entsprechend drei wesentliche Zielbereiche für die Bewegungstherapie formulieren:

  1. Wiederherstellung, Erhalt und Stärkung von Körperfunktionen und -strukturen einschließlich Ressourcen
  2. Hinführung zu und Bindung an regelmäßige körperlich-sportliche Aktivität
  3. Minderung von Beeinträchtigungen sowie Erhalt und Ausbau von Möglichkeiten im Bereich von Aktivitäten und Partizipation

ZielheuristikZielheuristik

Die Wirkweisen der Sport- und Bewegungstherapie

Die Wirkung der Sporttherapie und der Bewegungstherapie beruht auf:

  • der strukturellen und funktionellen Anpassung des biologischen Systems durch geeignete Aktivitäten. Sport-/Bewegungstherapie folgt dabei ätiologischen und pathogenetischen Erkenntnissen sowie indikationsspezifischen Grundlagen (orthopädisch, neurologisch, internistisch und psychiatrisch)
  • der Nutzung salutogener Potenziale, die sich vor dem Hintergrund dieser physiologischen Wirkmechanismen entwickeln.

Durch die vermittelten Kenntnisse und Einstellungen ergeben sich langfristige mehrdimensionale Wirkungen auf psychischer, kognitiver und affektiver Lernzielebene. Dabei werden u.a. folgende Aspekte integriert:

  • das Erlernen und Üben geeigneter motorischer Fertigkeiten (sensomotorische Lernzielebene) – HANDELN
  • das Trainieren motorischer Fähigkeiten wie Kraft, Ausdauer, Beweglichkeit (motorische Lernzielebene) - HANDELN
  • Vermittlung von Kenntnissen und Wissen als Grundlage einer selbständigen und langfristigen gesundheitsbezogenen Handlungs- und Sozialkompetenz (kognitive Lernzielebene) – WISSEN
  • Schaffung langfristiger Motivation zur Durchführung von Eigenübungsprogrammen und zur Erreichung eines körperlich aktiven Lebensstils (affektive und edukative Lernzielebene) – EMOTION

Biopsychosozialer und salutogener Ansatz

Sport-/Bewegungstherapie folgt dem biopsychosozialen Ansatz der WHO, das als Modell die Komponenten der Gesundheit kennzeichnet und den Lebenshintergrund des Einzelnen, sowohl die umgebungsbezogenen als auch die personenbezogenen Faktoren einbezieht (WHO 1980, 1993 und 2001) und folgende Dimensionen beinhaltet:

  • Körperliche Schädigungen (impairment)
  • Individuelle/funktionelle Einschränkungen / Fähigkeitsstörungen (activities)
  • Soziale Beeinträchtigungen (participation)

Hinleitung des Patienten zu einem selbständigen und aktiven Leben

Im Rahmen der Versorgungskette des Patienten vom Akutkrankenhaus über die Anschlussheilbehandlung bis hin zur wohnortnahen ambulanten Versorgung schließt die Sport-/Bewegungstherapie eine derzeit bestehende Versorgungslücke im Gesundheitswesen: Die Hinleitung des Patienten zur selbständigen Ausführung der Aktivitäten des täglichen Lebens (ADL) in der wohnortnahen Versorgung.

Vor dem salutogenen Hintergrund wird dem Patienten innerhalb der Patientenschulung selbsterlebt vermittelt:

  • soziale Unterstützung
  • Kontrollerfahrung
  • Selbstwirksamkeitserfahrung
  • das Bewusstsein, an der gesunden Lebensführung mitzuwirken

Quellenangabe: © iQoncept – shutterstock.comQuellenangabe: © iQoncept – shutterstock.comDie Zunahme eines bewegungsarmen Lebensstils, die demografische Entwicklung, die Erhöhung des Grades an Multimorbidität oder die Ökonomisierung des Gesundheitswesen mit der Kostendämpfung bei der Qualitätssicherung sind einige der gesellschaftlichen Rahmenbedingungen, die hohe Anforderung an die Sport-/Bewegungstherapie und die TherapeutInnen stellen.

Neue Anforderungen an Sport-/BewegungstherapeutInnen

Sport-/BewegungstherapeutInnen müssen heute ihre PatientInnen zur regelmäßigen, selbstgesteuerten Bewegung aktivieren und sie hin zu einer umfassenden Verhaltensänderung führen. Um den PatientInnen die Teilhabe am Lebenskontext zu gewährleisten, ist mehr notwendig als eine nur funktionell, somatisch ausgerichtete Intervention und damit mehr als die Durchführung einer Funktionsgymnastik. Die TherapeutInnen benötigen eine Doppelqualifikation: Fertigkeiten und Kenntnisse der Medizin und Trainingswissenschaft – aber insbesondere auch der Pädagogik. Gefordert ist die Umsetzung von Inhalten, die Wissen sowie selbstbestimmtes Gesundheitshandeln ermöglichen und die die dafür erforderlichen Emotionen aufbauen. Immer mehr an Bedeutung gewinnt in diesem Kontext die zunehmende Anerkennung des bio-psycho-sozialen Erklärungsansatzes von Gesundheit und Krankheit, die u.a. auch in der internationalen Klassifikation der Funktionsfähigkeiten (ICF) ausgedrückt wird.

DVGS ist Netzwerkpartner

Der Deutsche Verband für Gesundheitssport und Sporttherapie e.V. (DVGS) ist in diesem Kontext ein wichtiger Gestalter und Netzwerkpartner für die Erstellung und flächendeckende Umsetzung von qualitätsgesicherten verhaltensorientierten Bewegungsprogrammen. Der Verband verfolgt dabei das Ziel, mit und für seine Partner Qualitätsraster zu erstellen und bei deren Umsetzung zu helfen. Dabei kann er für die Konzeption von Programmen auf sein Netzwerk an erfahrenen TherapeutInnen, SportwissenschaftlerInnen und ProjektentwicklerInnen, für die Durchführung auf qualifizierte Sport-/BewegungstherapeutInnen und für die Evaluation der Programme auf Partner an Hochschulen zurückgreifen.

DVGS bietet den Rahmenbedingungen angepasste Aus-, Fort- und Weiterbildung

Der DVGS ermöglicht damit Sport-/BewegungstherapeutInnen den jeweiligen Rahmenbedingungen angepasste Qualifizierungsmaßnahmen. So können beispielsweise SportwissenschaftlerInnen nach Ausbildungsabschluss diese benötigte Mehrfachqualifikationen in der Weiterbildung zum „Sport-/Bewegungstherapeut DVGS“ erlangen. Darüber hinaus bietet der Verband eine Vielzahl an Lizenzlehrgängen, mit denen sich Sport-/BewegungstherapeutInnen benötigte Zusatzqualifikationen aneignen können. Auch Auffrischungskurse, sogenannte Refresher, bieten den TherapeutInnen die Möglichkeit, ihr Wissen auf den aktuellen Stand zu bringen.

Quellenangabe: © one photo – shutterstock.comQuellenangabe: © one photo – shutterstock.comDie gängigste und bisher umfassendste Definition der Sporttherapie und Bewegungstherapie wurde 1986 von Mitgliedern des damaligen Deutschen Sporttherapeutenbunds (DSThB) verfasst und 1990 in geringfügig veränderter Form vom inzwischen umbenannten Deutschen Verband für Gesundheitssport und Sporttherapie e.V. (DVGS) bestätigt [Schüle, Deimel 1990].

Bewegungstherapie ist ärztlich indizierte und verordnete Bewegung, die vom Fachtherapeuten geplant und dosiert, gemeinsam mit dem Arzt kontrolliert und mit dem Patienten alleine oder in der Gruppe durchgeführt wird.“

Sporttherapie ist eine bewegungstherapeutische Maßnahme, die mit geeigneten Mitteln des Sports gestörte körperliche, psychische und soziale Funktionen kompensiert, regeneriert, Sekundärschäden vorbeugt und gesundheitlich orientiertes Verhalten fördert. Sie beruht auf biologischen Gesetzmäßigkeiten und bezieht besonders Elemente pädagogischer, psychologischer und soziotherapeutischer Verfahren ein und versucht, eine überdauernde Gesundheitskompetenz zu erzielen.“

Sporttherapie ist mehrdimensional

Sporttherapie wird auch als ein mehrdimensionales Vorgehen betrachtet, welches sowohl funktionelle als auch psychosoziale und pädagogische Ziele verwirklicht. Diese Mehrdimensionalität bezieht sich auf die Vorgehens- und die Wirkungsweise; das Zusammenspiel der drei Dimensionen (vgl. Abb. unten) ermöglicht therapeutische Wirksamkeit [Huber]. Eine ausschließlich trainingswissenschaftlich-sportmedizinische Begründung ist dem Verständnis von Sporttherapie nicht angemessen.
Sporttherapie folgt dem biopsychosozialen Modell.

Sporttherapie ist mehrdimensionalSporttherapie ist mehrdimensional

Quellenangabe: © NPFire – shutterstock.comQuellenangabe: © NPFire – shutterstock.comDie Sport-/BewegungstherapeutInnen sind anerkannt in der Komplextherapie, das bedeutet, sie arbeiten in einem interdisziplinären Rehabilitationsteam in einer ambulanten medizinischen oder stationären Rehabilitationseinrichtung. Im Folgenden können Sie nachlesen, in welcher Form die Anbieterqualifikationen "Sport-/Bewegungstherapie DVGS" anerkannt sind. Einen Überblick finden Sie hier.

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