27.03.2017, Hürth-Efferen – Am 16.03.2017 fand im Rahmen der Therapie Leipzig das Fachsymposium „Onkologie und Bewegungstherapie“ des Deutschen Verband für Gesundheitssport und Sporttherapie (DVGS) in Kooperation mit der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Rehabilitation e.V. (DEGEMED ) statt. Experten zeigten anschaulich das Potential von Bewegung in der Therapie von Krebserkrankungen.

Wissenschaftler konnten in den letzten Jahren zunehmend die Effekte bewegungstherapeutischer Interventionen bei Krebsbehandlungen belegen. Insbesondere krebsspezifische Nebenwirkungen wie Fatigue, Polyneuropathie, Harn-Inkontinenz oder sekundäre Lymphödeme können durch Bewegungstherapie positiv beeinflusst werden. Die körperliche Aktivität trägt damit zum Wohlbefinden und zur Verbesserung der Lebensqualität der Betroffenen bei. Im Fachsymposium „Onkologie und Bewegungstherapie“ wurden daher die neuesten wissenschaftlichen Entwicklungen erläutert.

Bewegung wirksamer als Medikation

Den Auftakt der Veranstaltung übernahm Dr. Joachim Wiskemann vom Nationalen Centrum für Tumorerkrankungen Heidelberg. Er skizzierte den Stand der bewegungswissenschaftlichen Forschung in der Onkologie. Sehr anschaulich zeigte sein Vortrag die beeindruckenden multidimensionalen Effektbündel der Bewegung, von denen Patienten mit onkologischer Erkrankung profitieren können. Dazu zählen u.a. die Senkung des Rezidivrisikos, die Verlängerung der Lebenszeit oder die Verbesserung der Fatigue-Symptomatik weit über die Wirkpotenziale pharmakologischer Maßnahmen hinaus.

Umsetzung der theoretischen Erkenntnisse in die Praxis ist ausschlaggebend

PD Dr. Freerk Baumann, Universitätsklinik Köln und Vorstandsmitglied des DVGS, widmete sich dem Thema der Umsetzung der wissenschaftlichen Erkenntnisse in die Praxis. Angesichts von ca. 500.000 Neuerkrankungen im Jahr kann dieser Versorgungsanspruch nicht deutlich genug hervorgehoben werden. Baumann schilderte die zeitliche Entwicklung des Krebssports in Deutschland. Begonnen hat dieser mit frühen Krebssportgruppen. Inzwischen werden innovative Forschungsansätze getestet wie das prähabilitative Training. Bewegung für Krebspatienten kann somit in alle Erkrankungsphasen integriert werden: vor, während und nach der Tumortherapie. „Mittelfristig muss die Bewegung integraler Bestandteil der Versorgungsleitlinien werden. Das beinhaltet auch die effektive Aufklärung von Ärzten und Patienten über die Wirkung von Bewegung in der Onkologie.“, erklärt Baumann abschließend.

Praxisbeispiele in der Kinderonkologie

Dr. Miriam Götte von der Universität Münster stellte plastisch Praxisbeispiele aus der pädiatrischen Onkologie vor. „Hier stehen drei Kernziele im Fokus: die Verbesserung der Lebensqualität, die Prävention von Spätfolgen der Tumorerkrankung und -therapie sowie die Etablierung einer lebenslangen Bindung an körperliche Aktivität“, erläutert Götte.

Onkologische Trainings- und Bewegungstherapie / OTT DVGS

Auch wenn die Studienlage deutlich darauf hinweist, dass regelmäßige körperliche Aktivität hilft, die Krebs-Überlebensrate zu verbessern, neigen viele Krebspatienten nach der medizinischen Behandlung zur körperlichen Inaktivität. „Bei Brustkrebspatientinnen konnten wissenschaftliche wir zeigen, dass der Erfolgsschlüssel in der Individualisierung des Programms liegt“, erklärt Baumann. „Patientinnen, die nach einer Brustkrebserkrankung an einem individuell auf sie zugeschnittenen Trainingsprogramm teilnahmen, hatten ein signifikant höheres körperliches Aktivitätsniveau als vor der Intervention. Sie litten seltener an einem Fatigue-Syndrom und fühlten sich insgesamt wohler“, führt der Wissenschaftler aus. [1]

Der DVGS bietet deshalb den Fortbildungskurs „Onkologische Trainings- und Bewegungstherapie OTT“ an, der diese Erkenntnisse berücksichtigt und Bewegungstherapeuten zu einer individuellen, zielorientierten Therapieplanung sowie einer effektiven Bewegungstherapie auf Basis neuester wissenschaftlicher Untersuchungen bei Krebspatienten befähigt“, sagt Angelika Baldus, Geschäftsführerin des DVGS.

[1] Freerk T. Baumann, Oliver Bieck, Max Oberste et al.: Sustainable impact of an individualized exercise program on physic activity level and fatigue syndrome on breast cancer patients in two German rehabilitation Centers. Supportive Care in Cancer, April 2017, Volume 25, Issue 4, pp 1047–1054